Alte Handschriften scheinen naturgemäß der Stoff zu sein, aus dem sich das Faszinosum Mittelalter am effektvollsten speist. So auch beim meistgespielten chorsinfonischen Werk überhaupt. Mit der einerseits skurill und fremd, andererseits zärtlich vertraut klingenden Musik gelang Carl Orff etwas zu jener Zeit einzigartiges! Keine bedeutende Komposition hat so radikal mit der Tonsprache gebrochen wie die 1937 uraufgeführte Carmina Burana: Weltliche Gesänge für Soli und Chor mit Begleitung von Instrumenten und magischen Bildern.
Diese Magie ist in der vorliegenden Aufnahme förmlich zu spüren: Die erschütternde Gewalt des Eingangs- und Schlusschores, des Hymnus an Fortuna, mit den sperrig sich schiebenden Quinten und Quarten des Chores und die steten Repetitionen lassen im Chor bereits ekstatische Energieentladungen explodieren. Hier entlädt sich die ganze Kraft und Rohheit des Mittelalters, dessen Lieblichkeit und Milde an anderer Stelle durch die transparenten Knabensoprane brillant nachgezeichnet werden.
In der CD-Einspielung von Rondeau Production treffen die beiden renommierten Chöre Niedersachsens aufeinander: der Mädchenchor Hannover und der Knabenchor Hannover, die durch ihre hervorragende Klangqualität auch über die Grenzen des Bundeslandes hinaus hoch gelobt werden; begleitet werden sie von der NDR Radiophilharmonie unter der Leitung ihres international bekannten Chefdirigenten, Eiji Oue. Das bedeutet gewachsene Souveränität und sprühend lebendiger Elan der Chöre und Motivation im Orchester bis in die Fingerspitzen.